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In einem Taufgottesdienst mit dem Kinderchor der Ringkirchengemeinde am zweiten Advent wurde Ralf-Andreas Gmelin in seiner Ansprache oft von einem Raben unterbrochen. Dabei kam das Folgende heraus:
 

Liebe Gottesdienstgemeinde,

es ist Advent. Es ist die „stille Zeit“. Eine Zeit, in der früher die Woche über gefastet wurde. Man aß kein Fleisch und ernährte sich mit Backwaren. Das Adventsgebäck, die Plätzchen, sind ein Überbleibsel aus dieser Zeit – ähnlich wie die Fastnachtskuchen, die Krebbel in der Frühlingsfastenzeit. Und Fastenzeiten sind Einkehrzeiten: Ich bin weniger mit Essen und Verdauen beschäftigt und habe darum mehr Energie, mich wahrzunehmen, mein Empfinden, mein Fühlen, mein Glauben und mein Verhältnis zu Gott und den Menschen. Darum heißt die Adventszeit eine stille Zeit: Weil sie …

Rabe: Ha, ha, ha: Selten so gelacht. Von was für einem Stern bist Du denn gefallen. Hast Du mal aus der Ringkirche rausgeguckt? Da draußen rasen die Leute rum, damit jeder für jeden ein Geschenk kriegt: Papa für Mama, Mama für Papa, Egon für Else, Else für Egon, Chef für Sekretärin, Sekretärin für Chef, Frauchen für Bello – na ja und so weiter, die Bellos sind ja zu doof, um Frauchen ein Geschenk zu machen!  Es wird nicht mal am Sonntag Pause in der Hektik gemacht und Du erzählst was von „stiller Zeit“.

RAG: Du lässt mich ja nicht ausreden und musst wieder mit Deinem vorlauten Schnabel alles verwirren: In der Tat ist der Advent heute hektisch. Aber das war früher nicht immer so. Die ursprünglich christlich begangene Adventszeit war eine „stille Zeit“. Die heutige Tannengrün- und Weihnachtsmützenzeit ist natürlich das Gegenteil von still. Das merkt man schon daran, dass man nicht mal einen Gedanken zu Ende reden darf, ohne dass einem so ein Rabe ins Wort fällt.

Rabe: Na, wenn Du so einen Stuss erzählst! Da muss Dir ja einer mal in die Parade fahren. Da werden den Rabenmädels ja noch die Eier stockig - und das kurz vor dem Winter!

RAG: Wenn Deine Ohren so groß wären wie Dein Schnabel, und Dein Verstand so schlau wie Deine Stimme laut ist, dann hättest Du gehört, dass es zwei Adventszeiten gibt: Die christliche „stille Zeit“, die heute zugegebenermaßen nicht mehr so verbreitet ist und die bürgerliche Zeit, in der es ziemlich genau anders herum zugeht. Christlich ist der Advent eine „stille Zeit“, bürgerlich ist der Advent eine Riesenhektik.

Rabe: Und wie kommt es, dass man von dieser christlichen „stillen Zeit“ nichts mehr mitbekommt und die ganze Menschenwelt wie bekloppt hin- und herrast? Die einzigen, die fasten, das sind wir Raben, - weil jetzt nicht mehr viel Leckeres zu finden ist!

RAG: Wie willst Du denn feststellen, dass jemand eine „stille Zeit“ begeht? Die ist doch ganz still! Das ist genauso wie bei den Vögeln: Es gibt so viele stille, freundliche und zurückhaltende Vögel. Niemand bekommt von ihnen etwas mit. Und wenn nur ein einziger Rabe den Schnabel aufreißt und hier hereinplärrt, dann sieht das so aus, als seien alle Vögel vorlaut und aufdringlich. Ich bin sicher, es gibt ganz viele Menschen, die in der Adventszeit ganz ruhig und gelassen sind – nur bekommen wir die eben nicht mit!

Rabe: Jetzt willst Du uns bestimmt noch erzählen, dass diese „stille Zeit“ zum „Fest des Friedens“ führt. Gib’s zu: Diesen Bären wolltest Du uns gleich auch noch aufbinden: Dass Weihnachten das „Fest des Friedens“ sei.

RAG: Was ist daran ein aufgebundener Bär? Wenn Du mal Deine Schwanzfedern herumreißt und die Welt von der Seite des Christentums betrachten würdest, dann würdest Du auch einsehen, warum: Frieden herrscht, wo Menschen in Wohlstand und unter dem Segen Gottes leben können. Menschen hören nicht auf Gott - und zerbrechen den Frieden mit Zank, Streit oder Krieg. Gott schickt Jesus Christus, der an Weihnachten geboren wird, um den menschlichen Kriegszustand aufzuheben. Alle, die an diesen Jesus Christus glauben, respektieren Weihnachten als Friedenstag und verweigern sich jedem Angriff. Schon die Germanen haben daran geglaubt, dass man mit Geschenken und einem Festmahl den Frieden festigen kann. Auch noch im zweiten Weltkrieg und im Vietnamkrieg oder in den Kriegsjahren in Bosnien-Herzegowina haben an den Weihnachtstagen keine großen Angriffe stattgefunden.

Rabe: Und wie friedlich ist das Leben in den Familien? Da muss man kein Rabe sein, um von einem Baumast ins Wohnzimmer von Leuten zu gucken. Bei manchen Leuten hört man bis auf die Straße den vielen Streit beim „Fest des Friedens“.

RAG: Klar gibt es das: Dass Streit herrscht, ausgerechnet an Weihnachten. Aber wenn wir eine Rabenmutter, einen Rabenvater und zwei kleine Raben in einen engen Käfig sperren, wo sie sich nicht ausweichen können, dann wundern wir uns auch nicht, wenn die sich bald hacken und zausen! Wenn Familien drei Tage hintereinander nur zuhause sitzen und nichts unternehmen, dann kann es leicht krachen. Darum empfehlen wir als Kirche: Besucht ganz oft die Kirche. Wir feiern an Heilig Abend und an Weihnachten fünf Mal Gottesdienst. Das hilft, den Frieden zuhause zu sichern! Und das hilft auch denen, die niemanden zum Streiten zuhause haben. Gottesdienste sind gut gegen Einsamkeit!

Rabe: Ach ja, ich glaube ich armer, einsamer Rabe komme an Weihnachten fünf Mal in den Gottesdienst. Ich muss ja auch aufpassen, dass hier kein Unsinn erzählt wird.

RAG: Hör mal Rabe, Du musst doch an Weihnachten ganz dringend weg. Hab ich da nicht von einem Raben- und Elsterntreffen in der Karibik gehört? Oder war es in der Antarktis? Egal: An Weihnachten lassen wir uns vom Stern von Bethlehem den Weg zeigen. Der ist der einzige, der uns am Himmel den Weg zeigen wird. Der Stern von Bethlehem ist auch der Leitstern, der unsere beiden Täuflinge Hanna und Alexander führen soll, damit sie in ihrem Leben immer auf dem Weg zu Jesus Christus bleiben und sich nicht verirren. Es ist ein guter Advent, wenn wir diesen Stern in uns entdecken.

Rabe: Ich merke schon: Du willst mich an Weihnachten nur loswerden. Aber im Januar komme ich spätestens und passe auf, was hier gesagt wird. Damit die Kinder, die hier getauft werden, mit gesundem Rabenverstand groß werden!

RAG: Lieber wäre mir, dass die Kinder, die hier groß werden einen zuverlässigeren Wegweiser haben, so wie der Stern von Bethlehem die Weisen aus dem Morgenland zuverlässig geführt hat. Damit sie einen Lebensweg finden, der in Harmonie zu Gott und mit den Regeln des Lebens in Richtung des Guten führt.

Jetzt hören wir den Kinderchor, der noch ein zweites  Lied mitgebracht hat. Es dreht sich um Freundschaft, etwas das nicht nur Kinder stärker macht, sondern auch Erwachsene. Freundschaft, die auch hilft, dass Kraft, Liebe und Besonnenheit in uns stärker werden.

Kinderchor:
Wir sind Freunde, beste Freunde, das ist das Schönste, was es gibt