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Am ersten Sonntag nach dem Erscheinungsfest (Epiphanias) ging die Predigt von Ralf-Andreas Gmelin von der Geschichte aus, in der Jesus sich von Johannes taufen lässt. Matthäus 3, 13-17.

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem HERRn Jesus Christus.

Lasst uns hören auf die Worte der Heiligen Schrift, wie wir sie aufgezeichnet finden im Matthäusevangelium:

„Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach:
Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?
Jesus aber antwortete und sprach zu ihm:
Las es jetzt geschehen!
Denn so gebührt es uns,
alle Gerechtigkeit zu erfüllen.
Da ließ er's geschehen.
Und als Jesus getauft war,
stieg er alsbald herauf aus dem Wasser.
Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf,
und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen.
Und siehe,
eine Stimme vom Himmel herab sprach:
Dies ist mein lieber Sohn,
an dem ich Wohlgefallen habe.

HERR, tu meine Lippen auf, dass mein Mund Deinen Ruhm verkündige.
 

Liebe Gottesdienstgemeinde,

schade: Der heilige Geist ist uns nicht sichtbar. Wie kostbar und wertvoll wäre die Taufe, wenn immer so eine Taube herabgeflogen käme, wenn wir ein Kind oder einen älteren Menschen taufen.

Ein wunderschönes Bild: Wir beugen uns über das Becken unseres winzig kleinen Jordanbeckens dort auf dem Taufstein. Und ein geisterhaft weiß leuchtender Friedensvogel schwebt auf uns hernieder und verschwindet im Täufling. Auch wenn dann nicht noch eine Stimme Gottes aus der Kuppel hinunter schallt: Eine solche Taufe wäre über jedem Zweifel erhaben.

Die Taube des Geistes, diese Geistertaube würde für sich sprechen, für den Täufling, für den Taufenden und schließlich für die Taufe! Die Aussage wäre klar und eindeutig: Hier geschieht das Wunder, dass Gott sein Ja zu einem Menschen spürbar macht.

Aber: Es passiert so nicht. Wir halten ein Kind über die Taufe. Wir waschen es mit Wasser ab. Wir sprechen den Segen über ihm. Wir trocknen es ab und das Wunder geschieht unsichtbar. Keine geisterhafte Taube, keine Stimme aus dem Himmel. Das was da am Taufbecken geschieht, ist eine Sache zwischen Gott und dem Täufling. Und weil wir hier meist mit kleinen Kindern zu tun haben, müssen die Eltern und Paten helfen, damit die Taufe nicht ein plätscherndes Nichts bleibt, sondern der Beginn einer Geschichte von Gott und einem Menschen.
 

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,

bei Euch ist es noch nicht so lange her, erst ein paar Jahre, dass Ihr über dieses oder ein anderes Taufbecken gehalten worden seid. Damals hat eine geheime Geschichte begonnen. Gott hat Euch unhörbar ein Ja gesagt: Du bist mein liebes Kind. Niemand hat es gesehen, niemand hat es gehört. Da war nur das leise Plätschern, da war nur das Segenswort des Pfarrers und doch: Da war noch etwas unsichtbares, unhörbares und geheimnisvolles. Bei Eurer Taufe hat Euch Gott versprochen, dass zwischen ihm und Euch eine besondere Beziehung herrschen soll.

So, wie zwischen Euch und Euren Eltern eine besondere Beziehung herrscht. Es gibt auch andere Erwachsene. Es gibt darunter richtig nette Leute, manchmal können die Euch einen wichtigen Tipp geben, manchmal kann eine Stunde mit denen wichtiger sein, als ein Monat mit Eurem Vater oder Eurer Mutter. Aber sie werden niemals eine so besondere Beziehung zu Euch haben, wie sie Euer Vater oder Eure Mutter hat.

Das ist die Taufe: Sie verbindet Euch mit diesem himmlischen Vater, der ebenso Eure himmlische Mutter ist. Und so ist es auch nicht verwunderlich: Auch wenn Ihr zu Eurer Mutter oder Eurem Vater eine besondere Beziehung habt, geht Ihr ja nicht immer besonders nett mit ihnen um. Das kriegt auch Gott ab. Wie viele Menschen werden getauft, bekommen diese Kindschaft versprochen, die niemals wieder endet - und schlagen Gottes Wort in den Wind: „Ist mir doch egal, dass ich getauft bin!“
 

Liebe Gottesdienstgemeinde,

mit unserer Taufe ist kein spektakuläres Wunder geschehen. Keine Geistertaube, kein gespenstisches Wort von der Kuppel, kein Verwandlungszauber. Wie alles Wesentliche im christlichen Glauben geschieht alles unhörbar leise, im Verborgenen und in Angewiesenheit auf das, was einer Spektakelsüchtigen zeit vollends gegen den Strich geht: Dem Glauben.

Der Glaube steigt nicht auf wie eine Rakete und zerplatzt mit tausend bunten Sternchen am Himmel. Der Glaube löst keinen rauschenden Beifall aus. Der Glaube ist auch nichts, für den Tausende fanatisch brüllend die Bühne stürmen wollen oder für den sich die Stadien füllen, und für den Tausende sich die Kehlen heiser schreien.

Der Glaube wächst als Mauerblümchen im verborgenen. Er entspricht ganz der Taufe: Leise plätschert das Wasser als ein äußerliches Zeichen, läuft zurück, woher es gekommen ist, glänzt farblos, durchsichtig, friedevoll und unschuldig. Aber das, wofür die Taufe steht: das Wunder, dass der Schöpfer des Universums, der Welt und jedes einzelnen Geschöpfes sich zu dem neigt, der da Wasser und Segen empfängt, das ist ein Geheimnis, das im Glauben Gestalt annimmt.

Erst ist Gott in mir ein fernes Echo. Dann vielleicht eine leise Ahnung. Irgendwann, vielleicht als Konfirmandin oder Konfirmand setze ich mich mit diesem geahnten Licht in mir auseinander. Und ich werde an diese geheimnisvolle Taufe erinnert, die ich nur aus dem Fotoalbum, aus Erzählungen und durch ein Weihnachtsgeschenk von Patenonkel oder Patentante kenne. Was daraus wird, ist offen.

Wer sich als Konfirmand oder Konfirmandin konfirmieren lässt, soll das Ja Gottes bei der Taufe mit ganzem Herzen erwidern können: „Ja, Gott, so wie Du mich bei meiner Taufe angenommen hast, so will ich bei meiner Konfirmation Deine Hand ergreifen und will mich an Dich halten.“ Ich weiß, dass mancher, der die Konfirmation hinter sich hat, diesen Augenblick, dieses Knien und diesen Segen genau so vergessen hat wie seine Taufe. Aber ich wünsche mir bei Euch, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, dass Ihr auf dem Weg, den Ihr bis zum 1. Juni geht, dem Geheimnis Eurer Taufe auf die Spur kommt.

Und ich wünsche uns allen, dass der unsichtbare und unhörbare Kern einer jeden Taufe durch unseren Glauben in unserem Leben Knospen, Blüten und Früchte treibt. -

Was in unserem Glauben reift, das erfahren wir von der Taufe, mit der Jesus sich taufen lässt:
„Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach:  Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“

Gott lass in uns die Frucht des Glaubens reifen, denn dein  Friede, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christo, Jesu, Amen.