Im Taufgottesdienst am 19. Sonntag
nach Trinitatis am 17. Oktober 2007, teilt sich Pfarrer Ralf-Andreas
Gmelin seine Predigtaufgabe mit einem Raben:
Liebe Gottesdienstemeinde,
liebe Tauffamilien,
viel hat er nicht aufgeschrieben der Franz von Assisi. Obwohl er lesen
und schreiben konnte, hat er doch Büchern immer misstraut. Dennoch
gibt es einiges, was man sich von Franz erzählt hat. So soll er
gesagt haben:
Schaut Euch die Lerchen an! Unscheinbar und fröhlich suchen sie am
Wegesrand ihre Körner. Sie fliegen zum Himmel empor, und singen
dabei. Ihr Gewand hat die Farbe der Erde, und mit ihrer kleinen Kapuze
am Kopf gleichen sie uns, den mindern Brüdern. Sind wir nicht dazu
da, wie fahrende Sänger den Menschen Freude zu machen?
Die Menschen, die sich um Franz sammeln sind Christen, die Jesus
Christus folgen, nicht mit Worten, sondern mit ihrem ganzen Leben. Sie
sind nicht bunt sondern fromm, sie setzen sich nicht in Szene, sondern
singen wie die Haubenlerche das Lob Gottes.
Einige Gemeinschaften in der katholischen Kirche können direkt auf
Franz zurückgeführt werden – bis heute: Die
Minderbrüder, die Franziskaner und die Kapuziner. Franz sagt: Eine
kleine schlichte Herde sind wir, die minderen Brüder. Mindere
nennen wir uns deshalb, weil wir uns weigern, Vorgesetzte zu werden.
Franz hat der damaligen mächtigen katholischen Kirche den Glauben
weggenommen: Er wollte nicht als geweihter Priester selig werden,
sondern als getaufter Christ. Und er hat die Bürger, die ihm
folgen befreit aus der Sklaverei des Geldes.
Rabenwort:
Krahh.
Über keinen wissen wir Raben besser Bescheid als über Franz!
Das wichtigste hast Du noch gar nicht erzählt. Franz hat zu uns
Vögeln gesprochen. Seine Predigten richteten sich nicht allein an
Euch Menschen, sondern er wusste, dass auch wir Vögel
Geschöpfe Gottes sind!
Da könnt ihr euch schon die erste Scheibe abschneiden von dem
Heiligen Franz!
Und die zweite Scheibe ist die tolle Geschichte im Bischofspalast. Ich
kann mich erinnern, als ob es gestern gewesen wäre, obwohl es im
Jahr 1207 gewesen ist.
Also: Pietro Bernardone aus Assisi ist stinksauer! Er ist nämlich
der Vater von Franz. Er ist von Beruf Kaufmann und weiß: Von
Nichts kommt nichts. Er hält also sein Gold zusammen und handelt
erfolgreich mit Tuchen und Stoffen, womit sich die Menschen
behängen müssen, weil ihnen ein so schönes schwarzes
Gefieder fehlt.
Krahh
Und als nun Franz losgeht und mit dem Geld des Vaters eine kleine
Kirchenruine wieder aufbaut, hat ihn der eigene Papa angeklagt. Das
städtische Gericht hat nichts gegen Franz unternommen und darum
hat der Papa es beim Bischof versucht. Der Bischof von Assisi hat den
Franz vorgeladen – und Franz kommt. Der Bischof hat Franz gesagt, dass
sein Vater äußerst wütend sei: „Gib ihm einfach alles
Geld heraus, das ihm gehört, dann wird sich schon sein Zorn legen.“
Franz antwortet: „Herr, nicht nur das Geld, das ihm gehört, will
ich ihm wiedergeben, sondern auch die Kleider.“ Er verschwindet in eine
Kammer, zieht sich völlig aus und kehrt nackt zurück. Er
wirft dem Vater das Geld und die Kleider vor die Füße und
sagt: „Hört alle zu. Bis heute habe ich Pietro Bernadone meinen
Vater genannt. Jetzt gebe ich ihm das Geld zurück, wegen dem er
sich so aufgeregt hat. Und da hat er auch alle Kleidung, die ich von
ihm habe. Von jetzt an werde ich sagen: „Vater unser im Himmel“ – nicht
mehr. Der Vater nimmt wütend Geld und Klamotten und der
Bischof hängt dem Franz seinen eigenen Mantel um. Jetzt ist Franz
völlig frei.
Wenn ihr mich fragt, dann ist das Tolle am alten Franz gewesen, dass er
zuerst ein richtig grimmiger Erwachsener werden wollte: Er hat sich
edel gekleidet, ist mit der Stadtjugend durch die Kneipen gezogen und
hat sich in die Politik eingemischt und bei den Soldaten
mitgekämpft.
Und dann hat er entdeckt, dass er beim erwachsen werden immer das Spiel
der anderen spielt. Daraufhin hat er sich gesagt, dass er dann lieber
Gottes Spiel spielen möchte und nicht das Spiel von Macht und
Geld, das zu seiner Zeit gerade große Mode wird – und bis heute
Mode ist. Und so konnte er mit uns Vögeln reden. Das kommt den
großen Menschen total albern vor, total kindisch. - Dabei kommen
die Kinder nicht unbedingt gut weg in der Lebensgeschichte des Franz:
Sie ziehen in der Anfangszeit hinter Franz her und brüllen „Pazzo,
pazzo“, was man mit Einfaltspinsel, Narr oder Depp übersetzen muss.
Aber manchmal hat sich Franz ein großes Holzscheit unter das Kinn
geklemmt und hat mit einem Stock darübergefiedelt, als hätte
er eine kostbare Geige. Dazu hat er fromme Lieder gesungen und dann
begann er langsam und im Takt dazu zu tanzen. Bis ihn keiner mehr
erreichen konnte, weil er ganz versunken war in sein Lied.
Franz hat auch selbst erlebt, was die meisten von Euch hier nur aus dem
Fernsehen kennen, aus den alten Don Camillo-Filmen. Franz kam in die
kleine verfallene Kirche San Damiano und betete dort. Als er vor dem
Kreuz steht, beginnt Jesus Christus zu sprechen: “Franz, siehst du
nicht, wie mein Haus verfällt? Geh und stelle es wieder her.“
Franz bekommt hier seinen ersten göttlichen Auftrag. Leider ist
die Stimme Gottes nicht überall zu hören, wo eine Kirche
restauriert wird.
Eine wunderbar friedliche Art, mit der Bosheit eines anderen umzugehen,
hat Franz auch entwickelt: So oft er seinem Vater Bernardone begegnete,
wurde Franz von ihm verflucht in der übelsten Tonlage. Franz
machte es sich zur Gewohnheit, einen alten, armen Bettler namens
Alberto mitzunehmen. Immer wenn Bernardone seinen Sohn
verwünschte, machte der alte Alberto das Kreuzeszeichen über
Franz und segnete ihn mit dem väterlichen Segen. So hat Franz den
Fluch seines Vaters ernst genommen, ohne unter ihm zu leiden, weil
Gottes Segen eben mächtiger ist als böse Worte. Aber fast
alle Leute in Assisi hielten Franz für verrückt.
Nur wir Vögel wussten es damals schon: Franz war ein besonderer
Mensch und für uns Tiere ein Christ, bei dem auch wir Tiere
gespürt haben, dass Gottes Liebe ein Segen für alle
Geschöpfe ist.
Rabe ex, pace e bene
Vielen Dank Rabe, für Deine Erinnerungen an den Franz, der auch
mit der Elisabeth von Marburg korrespondiert hat.
Gott, lass uns den Fusstapfen Jesu Christi nachfolgen. Ihre Spur haben
wir mit der Taufe vor Augen, lass uns Jesu Weg betreten, den auch Franz
damals gesucht hat, denn Dein Friede, welcher höher ist denn
alle Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christo, Jesu, Amen.