Am Sonntag Trinitatis, dem 3.
Juni 2007 feierte die Ringkirchengemeinde Konfirmation. Die Predigt
dazu zu Johannes 3,1-8 von Pfarrer Ralf-Andreas Gmelin lautete:
Liebe Konfirmandinnen, liebe Konfirmanden,
Menschsein heißt irgendwie zwischen zwei Stühlen sitzen:
Das kennt Ihr gut. Entweder Du bist zu brav, dann freuen sich die
Erwachsenen, - aber Deine Leute halten Dich für einen Volltrottel,
für ein Mamakind. Oder Du bist schön bissig, das gefällt
ein paar Freunden – aber dann darfst Du Dich mit der gesamten
Erwachsenenwelt anlegen, was auch nicht immer gesund ist.
Menschsein heißt auch, zwischen Himmel und Hölle zu leben.
Himmel und Hölle sind vielschichtiger als die beiden Stühle,
zwischen denen wir sitzen.
Einerseits können wir uns gegenseitig das Leben zum Himmel machen
– oder auch zur Hölle. Das könnt Ihr auch schon ganz gut:
Jemand kann sich durch Euch durch eine nette Geste, ein freundliches
Wort oder eine Hilfe in der Not ganz plötzlich im Himmel wieder
finden. – Und das muss ja nicht der siebte Himmel sein. Aber wenn es
Euch gefällt, könnt Ihr auch ganz schön einheizen, so
dass Euer Opfer Höllenqualen leidet.
Das Leben zwischen Himmel und Hölle heißt aber auch, dass
der Himmel seine Strahlen nach uns ausstreckt. Er lockt uns mit seinem
Licht. Er möchte, dass wir uns in lichte Höhen nach oben
bewegen, dem Guten entgegen, Gott entgegen. Die Hölle streckt ihre
Finger weitaus spürbarer aus: Sie verspricht Dir den raschen
Erfolg, den schnellen Lustgewinn und erklärt Dir kurzerhand, dass
der Himmel nur eine Erfindung ist, um Dich von dem wirklich Netten im
Leben abzuhalten. Die Hölle zieht uns darum hinab, weil sie uns in
die Enge unserer Zeit drängt: Sie hinterlässt einen fahlen
Nachgeschmack, das Gefühl, dass das Leben irgendwie unfertig
geblieben ist, aber dann trotzdem ´rum ist.
Wo wir landen, in der Hölle oder im Himmel, das hängt davon
ab wes Geistes Kind wir sind. Welcher Geist uns anweht. Wer mit uns
spricht und welche Richtung wir bekommen: Führen uns Menschen und
Meinungen empor in die Freiheit des Lichts? Führen sie uns in die
Enge unserer Begierden und Gelüste? Und helfen sie uns, dass wir
das eine vom anderen unterscheiden können? Auch das kennen wir:
Dass irgendetwas verführerisch glitzert und wenn ich mich anlocken
lasse, dann verwandelt es sich in einen brodelnden Sumpf.
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,
als wir letzten Dienstag darüber gesprochen hatten, worum es bei
Eurer Konfirmationspredigt gehen wird, da konnte ich es noch nicht
sagen. Als Evangeliumstext zu diesem Sonntag Trinitatis wird die
folgende Geschichte aus dem Johannesevangelium vorgeschlagen, die zu
meinen Lieblingstexten aus der Bibel gehört. Darum ist diese
Stelle der Ausgangspunkt Eurer Konfirmationspredigt: 3 1 Jesus und
Nikodemus
„Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus,
einer von den Oberen der Juden.
Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Meister, wir wissen, du
bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun,
die du tust, es sei denn Gott mit ihm.
Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir:
Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, so kann er das
Reich Gottes nicht sehen.
Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er
alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren
werden? Jesus antwortete:
Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn,
daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist,
so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.
Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch;
und was vom Geist geboren ist, das ist Geist.
Wundere dich nicht, daß ich dir gesagt habe: Ihr müßt
von neuem geboren werden.
Der Wind bläst, wo er will,
und du hörst sein Sausen wohl;
aber du weißt nicht,
woher er kommt und wohin er fährt.
So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.“
Liebe Konfirmandinnen, liebe Konfirmanden,
hier geht es um das Ringen eines Menschen zwischen Himmel und
Hölle. Und ich mag diese Szene schon darum, weil sie nicht im
hellen Sonnenlicht auf dem Marktplatz stattfindet. Wenn da lauter
andere Leute dabei sind, dann wird gezetert und gestritten. Nikodemus
gehört zu einer Gruppe von Leuten, die im Ruf stehen, dass sie
immer Recht haben wollen.
Und jetzt kommt er heimlich, still und leise und trifft sich mit Jesus
unter vier Augen.
Und kann fragen was er nicht versteht.
Und so wie Jesus und Nikodemus im kleinen Kreis beisammen sind, so
waren wir ein Dreivierteljahr zusammen. Jedenfalls so ein bisschen.
Jedenfalls wünsche ich mir, dass Ihr im Konfirmandenunterricht
eine ruhige unaufgeregte Atmosphäre gefunden habt, wo Ihr Euch mit
Euren Fragen gut aufgehoben gefühlt habt. Aber manchmal war der
Konfirmandenunterricht dann auch mehr Marktplatz als
Vieraugengespräch – in der Hektik das Alltags und wenn die zu
lernenden Gebote und Psalmen immer noch nicht sitzen.
Bei Nikodemus in dem nächtlichen Gespräch geht es ganz ruhig
zu: „Wo geht es bergauf und wo geht es bergab?“
Jesus sagt: Komm nach oben in das Reich Gottes.
Aber dazu musst du neu geboren werden.
Und Nikodemus sagt hier nicht: Was ein Blödsinn, wie kann ich
alter Sack neu geboren werden? Er kann ganz höflich nachfragen:
Was meinst Du denn mit diesem Neugeborenwerden?
Und Jesus kann ihm klar machen: Du sollst dich nicht noch einmal aus
deiner Mutter Bauch zwängen, sondern du wirst aus Wasser und Geist
neu geboren!
Und das heißt für uns heute: Durch Taufe und Konfirmation
kannst Du neu geboren werden. Wenn Gott das will. Von oben. Mit Wasser
sind wir bei unserer Taufe gesegnet und beschenkt worden. Mit der Taufe
hat uns Gott die Einladung gegeben: Du kannst ein neuer Mensch werden.
Wenn Du nicht immer in den alten eingefahrenen Gleisen rollst.
Wenn Du nicht die alten Fehler immer wieder neu machst.
Wenn Du Dich traust, nach Gott zu fragen und seinem Weg nach oben
folgst.
Und durch den Geist vollendet sich dieses Neuwerden. Du bleibst nicht
der Alte, wenn Du Dich vom Geist leiten lässt. Da geschieht ein
Wunder. Da bekommt Dein Leben Schwingen und hebt ab. Dann klebt es
nicht mehr am Alltag und seinen Sorgen.
Wasser und Geist machen uns neu. Wasser und Geist wollen Euch neu
machen. Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden. Mit Eurer Konfirmation
geht die Konfirmationszeit zu ende. Leider konnte die Konfirmation und
der Konfirmandenunterricht Euch den Geist nicht auf dem Silbertablett
servieren. So wie man den Wind nicht auftischen kann. Aber Eure
Geschichte mit Gott, mit seinem Geist, die hat erst begonnen und soll
ein ganzes Leben halten.
Und dieser Geist Gottes ist kein Holzhammer, der
unmissverständlich auf den Busch klopft. Der Geist Gottes ist wie
dieser Windstoss, von dem niemand weiß woher er kommt und wohin
er uns trägt. Ich wünsche Euch, dass Euch Gottes guter Geist
immer im richtigen Augenblick anweht, dass er Euch zum Guten
verführt, zum Licht, zur Freiheit, zu SEINEM Reich.
Dass er euch möglichst oft davon abhält, abzustürzen, im
Finsteren zu tappen und abzusacken.
Ich wünsche Euch und uns allen, dass wir gute Gespräche
erfahren wie das zwischen Jesus und Nikodemus, die uns weiter
führen, die uns die Augen öffnen und die uns aufheben und
annehmen.
Gott, gib uns mit DEINEM Geist einen zuverlässigen Wegweiser in
DEIN Reich; mach DU uns fest, Gott, im Vertrauen auf Dich, und in der
Hoffnung, dass DEIN Geist uns frei macht zum Guten, denn dein
Friede, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsre Herzen
und Sinne in Christo, Jesu, Amen.