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Am Sonntag Quasimodogeniti - 6. März 2005 - feiert die Ringkirchengemeinde mit ihren jüngsten Mitgliedern einen Tauferinnerungsgottesdienst. Ralf Gmelin versucht über das Brot in der Bibel zu predigen. Wenn da nicht der Rabe gewesen wäre, dem Ralf Sach die Stimme lieh…

Liebe Kinder, liebe Erwachsene,
am Anfang des Gottesdienstes gab es Mazzen. Wer im Lexikon nachliest findet da:
„Mazza, hebräisch, Mazzoth, , auch Mazze, das ungesäuerte Brot oder der Osterkuchen der Juden.“ Das Rezept ist denkbar einfach: Wasser und Mehl zu einem Teig kneten, in dünne Fladen formen, schnell ausbacken, fertig. In der Bibel werden die Mazzoth angeordnet für das Abschiedsessen am Abend vor dem Auszug. Die Familien sind versammelt, Fleisch von einem Schaf oder von einer Ziege soll es geben, dazu Mazzen und bittere Kräuter. Und alles soll zum Abmarsch bereit sein: Die Hüften gegürtet, Schuhe an den Füßen, den Stab in der Hand, in ängstlicher Hast sollt ihr es essen.

Rabe: In ängstlicher Hast? Steht das da?

RAG: Ah, Du da oben. Ja – habe ich doch gesagt. Steht direkt in der Bibel.

Rabe: Das kommt mir bekannt vor!

RAG: Das glaube ich. Wenn Du etwas geklaut hast, dass du es dann mit ängstlicher Hast verschlingen musst.

Rabe: Nein, im Ernst: Alle Tiere, die nicht von euch Menschen in den Käfig gesperrt werden, müssen beim Essen aufpassen. Sie haben beim Knabbern die Augen auf, ob sie selbst zum Futter werden, oder ob jemand kommt, um ihnen das leckere Essen wegzuschnappen.

RAG: Na, ja. Das stimmt schon: Das ungesäuerte Brot ist uralt und stammt aus einem Zeitalter als die Menschen noch nicht in festen Häusern gewohnt haben, sondern in Zelten. Damals hatte man keine Zeit, Sauerteig zu bereiten.

Rabe: Also waren da die Menschen noch Tiere?

RAG: Nein: Die Menschen waren schon Menschen, aber sie waren Nomaden. Sie zogen herum und waren der Natur bedeutend näher. Bis heute ist das ungesäuerte Brot das Brot der Wüste, Nomadenbrot.

Rabe: Ob sauer oder nicht: Brot ist mein Leibgericht!

RAG: Dir ist es egal, ob das Brot mit Sauerteig ist oder nicht?

Rabe: Das merkt doch sowieso keiner!

RAG: Typisch. Als Rabe frisst du nur das Brot; du musst es ja nie backen.

Rabe: Dafür halten wir Raben uns Menschen!

RAG: Also: das hier ist das ungesäuerte schnell gebackene Brot, das die Kinder vorhin probiert haben. Es ist hart, bröselig und ein kleines bisschen fad. Das hier essen wir gleich bei der Agapefeier: Es ist genau so wie Mazzen ein Weizenbrot, aber mit Sauerteig und etwas Salz gebacken. Dadurch bekommt es eine luftigere Ausdehnung und wird weicher und aromatischer.

Rabe: Hm; klingt auch gut. Für mich bitte beide Brote!

RAG: Weißt du eigentlich, was Sauerteig ist?

Rabe: Nö. Bin ich ein Mensch?.

RAG: Sauerteig ist Brotteig, den man längere Zeit stehen lässt. Wenn er dann dunkel und sauer ist, mischt man ihn gründlich unter den frisch zubereiteten Brotteig und lässt diesen durchsäuern.

Rabe: Du meinst. Erst muss ich von dem guten Brotteig etwas stehen lassen, bis es schlecht ist und dann rühre ich das ganze noch in leckeren frischen Teig?

RAG: Ja, so im Prinzip. Nur dass der Sauerteig eben nicht „schlecht“ ist, sondern das Gewürz, das ein Brot lecker macht.

Rabe: Und warum sollen wir dann noch das weniger leckere Brot essen – das ohne Sauerteig?

RAG: Die Bibel sagt, dass das ungesäuerte Brot in Erinnerung an den Auszug aus Ägypten gegessen werden soll. Wenn man in die Freiheit zieht, muss man auf den Luxus von Sauerteig verzichten. Und jedes Jahr vor dem Passhfest musste jedes Haus von allen Resten des Sauerteiges gereinigt werden.

Rabe: Und deswegen dreht sich heute der ganze Gottesdienst ums Brot?

RAG: Jesus hat gesagt, dass Brot und Wein uns ganz eng mit ihm verbinden. Und das gilt für das Abendmahl, aber auch für den Tag, als er ans Kreuz geschlagen wurde.

Rabe: Wieso das denn?

RAG: Die Bibel sagt, dass die Kreuzigung am Rüsttag des Passafestes geschah; also an dem Tag, als aller alter Sauerteig aus allen Küchen herausgeputzt werden musste. (Joh. 19,31)

Rabe: Und welchen Sauerteig putzt du jetzt heraus?

RAG: Die meisten von uns backen ja nicht zuhause mit Sauerteig. Aber im frühen Christentum galt der Sauerteig als Symbol dafür, dass ein kleines bisschen Bosheit den ganzen Menschen gleichsam „durchsäuern“ kann.

Rabe: Also ist der Sauerteig etwas Schlechtes!

RAG: Nein, er kann sowohl für etwas Schlechtes stehen, aber auch für etwas Gutes.

Rabe: Jetzt wird’s langsam unübersichtlich.

RAG: Jesus sagt, dass das Reich Gottes wie ein kleines bisschen Sauerteig ist, den eine Frau in eine gewaltige Menge Teig knetet, bis er ganz verborgen ist. Und doch durchsäuert er mit der Zeit den ganzen Teig.

Rabe: Jetzt sag schon: Was soll das denn schon wieder heißen?

RAG: Wir Menschen verzweifeln manchmal, weil wir nichts von diesem Reich Gottes sehen, das wie Sauerteig in die riesige Welt hineingeknetet ist. Und doch durchsäuert das Reich Gottes eines Tages die ganze Erde und alle Herzen der Menschen!

Rabe: Und trotzdem gilt: Ob sauer oder nicht: Brot ist mein Leibgericht! Ich nehme das gesäuerte Brot so gern wie das ungesäuerte. Hauptsache ich kriege viel davon ab.

RAG: Für die Bibel ist Sauerteig ein Hoffnungszeichen. Er wirkt auch, wenn wir nichts von ihm sehen. Und jede Taufe ist ein solches unsichtbares Zeichen, das ein Kind mit dem Plan Gottes verbindet, das Reich Gottes zu errichten.

Wir wünschen unserem Täufling Jonas und allen getauften Christen, dass diese Hoffnung uns ermutigt zu Liebe, Glaube und Hoffnung.

Amen.