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Am 8. Sonntag nach Trinitatis, am 17. Juli 2005 hielt Ralf-Andreas Gmelin die folgende Taufwasser-Predigt – unterbrochen von dem Raben, dem Ralf Sach die Stimme lieh:

Rabe mit einem großen Vogelbad, aus dem er stets einen Schluck saufen kann, indem er den Schnabel gen Himmel reckt. Davon macht er öfter Gebrauch…

RAG:

Liebe Gottesdienstgemeinde, liebe Freunde und Verwandte,

zunächst einmal vielen Dank bei Sunny Panitz, dass ich bei der Taufe von Johanna einfach nur Vater sein durfte. Im Vorhinein sah alles ganz einfach aus. Ich weiß nicht, wie viele Kinder ich schon getauft habe. Aber wenn es um das eigene Kind geht, ist doch alles ganz anders.

Beim Nachdenken über Johannas Taufe fand ich viele Sätze in der Bibel, die sich mit dem Wasser auseinandersetzen. Mit dem Wasser, das für die meisten Erdenwesen lebensnotwendig ist.  Beim Propheten Amos (Am 8, 11) steht indes geschrieben: „Einst wird man vergeblich nach Gottes Wort verlangen. Siehe, es kommt die Zeit, spricht Gott der HERR, dass ich einen Hunger ins Land schicken werde,  nicht einen Hunger nach Brot oder Durst nach Wasser, sondern nach dem Wort des HERRN, es zu hören.

Rabe (planscht im Vogelbad und nimmt einen Schluck): Da lachen ja die Hühner! Und die Raben kringeln sich!

RAG: O nein; was willst Du denn schon wieder?

Rabe: Was Du da vorliest, behauptet doch, dass Worte wichtiger sind als Wasser gegen den Durst!

RAG: Es kommt die Zeit, da werden Menschen nach einem ehrlichen, aufrichtigen Wort von Gott mehr Hunger haben als nach einem Stück Brot oder nach einem Schluck Wasser. Wohlgemerkt: Menschen, da steht nichts von Raben!

Rabe: Und Du meinst, für Euch gilt nicht, dass ihr tot umfallt, wenn Ihr kein Wasser zu trinken habt?

RAG: Nein, das meine ich nicht. Natürlich brauchen wir das Wasser so dringend wie die Luft zum Atmen. Das sagt ja auch der Psalm (Ps 42,2): „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.“ Ist zwar immer noch nicht von einem Raben die Rede, aber immerhin nicht allein vom Menschen!

Rabe: Das kann ich mir auch besser vorstellen!

RAG: Was denn?

Rabe: Dass Du schreist wie ein Hirsch!

RAG: Der Grund dafür steht im Johannesevangelium (Joh 4,14): „Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.“ Darum ist es klug, sich nach diesem ewigen Wasser Gottes zu sehnen.

Rabe: Das gibt’s aber nicht!

RAG: Was gibt’s nicht?

Rabe: Ein Wasser, das dafür sorgt, dass ich nie mehr was trinken muss. Die Astronauten haben ihr Vogelfutter aus Tuben gegessen, aber selbst die mussten immer wieder frisch trinken!

RAG: Da hast Du recht. Aber dieses Wasser Gottes ist eben auch kein Wasser, dass Du einfach so in den Rabenschnabel schlürfst. Den Unterschied macht die Apostelgeschichte (Apg 1,5) „... denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen.

Rabe: Moment, jetzt geht es ja gar nicht mehr um das Trinken, sondern um das Taufen!

RAG: Genau: Das Wasser ist das Gleichnis dafür, dass wir Gottes Geist so notwendig und so dringlich brauchen, wie unser Körper Wasser braucht. – Oder wenn Du so willst: Wie ein Rabe saufen muss!

Rabe: Also spielt das Wasser keine Rolle. Es ist bloß ein Gleichnis. Dann hättest Du es ja bei Johanna auch weglassen können.

RAG: Nein, hätte ich nicht. Denn schon das Johannesevangelium sagt, dass Jesus meint (Joh 3,5): „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ Es muss also das Zeichen des Geistes, das Wasser, zu dem Geist dazu kommen, damit sich der Weg zum Reich Gottes öffnet.

Rabe: Moment mal, das verstehe ich nicht: Ist das Wasser nun ein Zeichen für den Geist, oder ist das Wasser irgendwas für sich?

RAG: Das Wasser ist ein Geschenk Gottes, das ER uns zum Leben gegeben hat und es ist nicht allein ein Zeichen, sondern auch die Bedingung für das Leben – das Leben von Menschen wie von Raben.

Rabe: Und was ist das Wasser jetzt in der Taufe? Ein Zaubermittel? Du tropfst ein bisschen Wasser auf Johanna und schon wird sie reich, gesund und glücklich!

RAG: Das Wasser ist in der Taufe kein Zaubermittel. Johanna kann die Wirkung des Wassers nur erfahren, wenn ihre Eltern und Paten ihr helfen, dass ihr das Taufwasser zum befreienden Segen wird. Wenn Du so willst: Wasser ist kein Zaubermittel, sondern ein Lebensmittel!

Rabe: Das ist es für mich auch! (gurgelt vernehmlich)

RAG: Nur landet das Wasser, was Du trinkst in Deinem gierigen Bauch. Das Wasser, das Johanna mit dem Leben verbindet, sprudelt für immer in ihr. Allerdings nur dann, wenn ihre Eltern und Paten ihr sagen, was bei der Taufe geschieht. Dass sie verbunden ist mit dem, der Leben schenkt. Und darum frei ist von allen Bedrohungen. Und wenn Eltern und Paten ihr vorleben, dass die Verbundenheit durch die Taufe etwas Kostbares ist.

Rabe: Kostbarer als ein glücklich im Vogelbad herumplanschender Rabe?

RAG: Ja, kostbarer, wie wir vorhin schon gehört haben (Joh 4,14): „Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.“ - Ich wünsche uns allen, dass wir diese Quelle in uns spüren und ich wünsche meiner lieben Johanna, dass ihre Mutter Agnete und ich ihr vermitteln können, welchen kostbaren Schatz sie mit ihrer Taufe heute geschenkt bekommen hat. Dass wir das beide leben können. - Und ich wünsche mir, dass die vier Paten, Stefan, Heike, Marcus und Monika uns dabei helfen. Denn wenn sie spürt, was ihr mit der Taufe geschenkt ist, kann sie auch erfüllen, was ihr Taufspruch sagt (1. Joh 3,18): „Meine Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.“ Amen.

Jetzt muss der Rabe sich wieder in Ralf Sach verwandeln und zum Kinderchor eilen, denn den hören wir jetzt.