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An Christi Himmelfahrt war im Jazzgottesdienst „Swing To The Sky“ die Ansprache von Ralf-Andreas Gmelin zu hören:

„Ach könnte nur dein Herz
zu einer Krippe werden,
Gott würde noch einmal
ein Kind auf dieser Erden.“
(Angelus Silesius)

 
Liebe Gottesdienstgemeinde,

Weihnachten und Himmelfahrt: Sie markieren den Swing zwischen Himmel und Erde. An Weihnachten kommt Gott auf die Welt herab. An Himmelfahrt gibt die Welt Christus an den Himmel ab. Und in dem Sinnspruch von Angelus Silesius steht: Weihnachten ist immer wieder möglich.

Wenn ich mich in Gottes Krippe verwandle, holt er hier den Himmel auf die Erde, ist er wieder da, ist Gott und Mensch wieder eins. Aber – ich werde nicht zur Krippe. Ich will ich sein, lieber ein kleiner Mensch als ein großer Gott. Darum bleibt alles beim Alten. Ich will gar nicht aufsteigen in himmlische Sphären.

Auch für diesen Fall, gibt es ein Wort von Angelus Silesius:

„Mensch, gibst du Gott dein Herz,

er gibt dir seines wieder;
Ach, welch ein werter Tausch!
Du steigest auf, er nieder!“

Aber wenn ich Gott mein Herz nicht gebe, wohnt mein Ich allein darin. Ich steige nicht auf. Und Gott ist mir fremd, als wäre er soeben irgendwo wie eine Rakete in den Himmel gestiegen, um mich hier zurück zu lassen, einsam auf platter Erde.

Dabei ist die Bewegung von hier unten in den Himmel da oben nicht ohne Gegenrichtung. In der Apostelgeschichte wird das erzählt. Wenn Jesus geht, dann werden wir „die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf“ uns „kommen wird, und“ wir werden zu Zeugen bis an das Ende der Erde.

Dafür, dass die Himmelfahrt uns Christus nimmt, gibt sie den Heiligen Geist. Erst nach diesem Versprechen heißt es:

„Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“

Hören Sie der Geschichte an, wie nahe hier Himmel und Erde sind? Hier geht es nicht um einen sauberen Schnitt, um eine klare Trennung. Die würde anders aussehen: Von nun an ist Jesus Christus abgehoben und ihr bleibt da unten.

Nein, bevor Jesus Christus geht, bewegt sich der heilige Geist auf die Erde. Und kaum entschwindet Jesus Christus unserem Blick, kaum verhüllt ihn die Wolke und zeigt uns, dass unsere Augen nur einen kleinen Teil von Gottes Wirklichkeit sehen, kaum verlässt er Zeit und Raum, - stehen auf platter Erde Leute, die der Himmel geschickt hat: Engel verkünden, dass auch der Abschied von Jesus Christus nicht endgültig sein wird. Er wird wieder kommen.

Es ist der Abschied von Liebenden: Sie wissen, dass ihre Wege sie trennen, dass sie für eine Weile nicht zueinander kommen können. Aber die Liebe baut eine Brücke, die von einer Entfernung nicht gesprengt werden kann.

Der letzte Blick aus dem Zugfenster auf den Bahnsteig, der letzte Blick vom Bahnsteig auf ein vertrautes Gesicht sagen: Das kann es nicht gewesen sein. Da bleibt etwas, was durch die körperliche Abwesenheit nicht aufgehoben wird. Oder um es mit Udo Lindenberg auszudrücken:

„Hinterm Horizont geht’s weiter,

ein neuer Tag,
hinterm Horizont immer weiter,
zusammen sind wir stark.
Das mit uns geht so tief rein,
da kann nie zu Ende sein,
so was Großes geht nicht einfach so vorbei.“

Was wären die Liebeslieder dieser Welt ohne diesen Abschied, der keiner ist, weil er von einem inneren Band weiß, das stärker ist als die örtliche Trennung.

Jesus Christus wendet sich beim Abschied als ein Liebender um. Er ist im Himmel verhüllt, er entzieht sich unseren Augen, aber das innere Band bleibt: Das Band der Liebe.

Das Band der Liebe ist die Saite, die Gott angeschlagen hat, die erklingt und schwingt und auf das die Menschen antworten mit ihrer Musik und mit ihren Gottesdiensten. Dieser Klang der Liebe will Menschen befreien, weil sie sich gern in eisigem Schweigen selbst einsperren. Ein letztes Mal Angelus Silesius:

Die Welt, die hält dich nicht,

du selber bist die Welt,
Die dich in dir mit dir
So stark gefangen hält.

Wer aus der selbst verschuldeten Gefangenschaft unserer materiellen Welt entkommt, wer als sein eigener Gefängnisdirektor den Schlüssel umdreht und die Tore öffnet, der begegnet dem harmonischen Klang der Liebe.

Ein stetes Hin und Her zwischen Himmel und Erde.
Ein Rhythmus von aufwärts und abwärts,
eine Spannung von unten und oben,
eine Differenz zwischen schwindelnder Höhe und unvorstellbarer Niedrigkeit:

Swing.

Ich wünsche uns allen die große Freude, die in dem Klang von Freiheit und Liebe steckt,

Amen.