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Am Gründonnertag legte Ralf-Andreas Gmelin die Geschichte des Abendmahls aus, wie sie im Matthäusevangelium: 26, 17-29 beschrieben wird:

Aber am ersten Tage der Ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und fragten: Wo willst du, daß wir dir das Passalamm zum Essen bereiten?

18 Er sprach: Geht hin in die Stadt zu einem und sprecht zu ihm: Der Meister läßt dir sagen: Meine Zeit ist nahe; ich will bei dir das Passa feiern mit meinen Jüngern.

19 Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Passalamm.

20 Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den Zwölfen.

21 Und als sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.

22 Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, jeder einzeln, ihn zu fragen: Herr, bin ich's?

23 Er antwortete und sprach: Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten.

24 Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.

25 Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: Bin ich's, Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagst es.

26 Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.

27 Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus;

28 das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.

29 Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich von neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.

HERR, tu meine Lippen auf, daß mein Mund Deinen Ruhm verkündige, Amen.

Wir können den Abend vor dem Karfreitag nachempfinden: Ein Abschiedsessen.

Auch wenn es für uns vielleicht noch nie um Leben oder Tod gegangen ist.

Diese Stimmung kennen wir:

Morgen wird alles anders.

Ein lieber Mensch verläßt uns:

eine lange Reise ins Ungewisse,

ein Aufenthalt im Krankenhaus,

eine Gerichtsverhandlung,

ein Umzug,

eine folgenschwere Prüfung.

Am Abend zuvor noch ein gemeinsames Essen.

Alle sind da wie immer.

Alle spüren noch einmal die Gemeinschaft von gestern.

Auch wenn morgen alles anders wird.

Beim Abschiedessen schwingt der unausgesprochene Wunsch mit:

Ach bliebe doch alles so wie gestern.

Wer sollte dem Augenblick dann nicht sagen:

Verweile doch, Du bist so schön.

Aber die Uhr bleibt nicht stehen, die Zeit rückt vor,

das Unabänderliche kommt.

Das Abschiedsmahl von Jesus, das er mit seinen Jüngern begeht, hat alle diese Kennzeichen und Gefühle. Keiner weiß genau, was morgen werden wird.

Jeder weiß: Nichts bleibt beim Alten.

Die alten Gewohnheiten, die mit dem gemeinsamen Essen verbunden sind, die alltäglichen Gebräuche und Worte, sie werden in dieser Nacht von Jesus verändert.

Von klein auf kennen die Jünger von jeder gemeinsamen Mahlzeit das Segenswort über den Kelch: +

"Gesegnet, DU, Herr, unser Gott, König der Welt, der die Frucht des Weinstocks schafft."

Jesus wird es am Anfang des Abschiedsmahles

gesprochen haben. Danach spricht Jesus den altvertrauten Brotsegen: +

"Gesegnet, Herr, unser Gott, König der Welt, der Brot aus der Erde hervorgehen läßt."

Alle antworten mit "Amen".

In den Einsetzungsworten zum Abendmahl ist das der "Dank": Jesus "dankte" vor seinen Einsetzungsworten.

Jetzt fällt für die Jünger das Abendessen aus der Rolle. Als Jesus das Brot austeilt, spricht er:

"Das ist mein Leib."

Und ebenso überraschend ist das Kelchwort: "Das ist mein Blut".

Und noch verblüffter sind die Jünger, als Jesus seinen Becher herumgibt. Denn vor jedem einzelnen steht ja ein eigener Weinbecher. Jeder würde sonst sein eigenes Kelchwort sprechen.

Das Abschiedsessen hat sich jetzt völlig verwandelt.

"So wie das Brot Euch Leib und Seele zusammenhält, so halte ich, Jesus, zu Euch."

"So wie Euch das Brot den Hunger des Leibes stillt, so stille ich Euren Hunger nach Leben."

Die Verwandlung des ganz normalen Abendessens in ein völlig neues Abschiedsessen ist für die Jünger um so radikaler, als die jüdischen Speiseriten ernst damit machen, daß Gott mit am Tisch sitzt. Vielfach wurde sogar ein leerer Platz für Gott bereitgehalten.

Etwas davon vermittelt heute noch das Tischgebet, wo es noch nicht ausgestorben ist: Wenigstens, daß Gott zu Beginn unserer Mahlzeit hört, daß wir an ihn denken, an IHN, der uns unser tägliches Brot schenkt.

In dieser Gemeinschaft mit Gott, an diesem Tisch mit dem Höchsten und Allmächtigen spricht Jesus:

Das ist mein Leib. Das ist mein Blut.

Wie Gott beteiligt ist an jedem jüdischen Mahl, so wird Jesus Christus beteiligt sein an jedem Gedächtnismahl. Und jeder, der zu seinem Gedächtnis davon isst, hat Gemeinschaft mit ihm.

Ich wünsche Ihnen, wenn wir zusammen das Abendmahl als Agapefeier halten, dass Sie etwas von dieser Gemeinschaft mit Gott und mit Jesus Christus spüren. Aber auch die Gemeinschaft mit denen, die jetzt und hier bei uns sind, mit denen wir sprechen können. Und die Gemeinschaft mit allen anderen, die in diesem Frühjahr die Eucharistie feiern, dieses christliche Liebesmahl:

Dass sich durch Brot und Wein der ewig schweigende Himmel öffnet,

dass da eine Verbindung mit Gott spürbar wird.

Gott bleibt nicht dort oben im Dunkel,

sondern er kommt aus dem Himmel zu uns.
 

Und ich wünsche Ihnen, dass Sie die Gemeinschaft mit Gott und Jesus Christus mit in die letzten Stunden der Karwoche nehmen können:

Dass Sie von Gott begleitet sind bis hin zur Auferstehungsfreude am Ostermorgen.

Ja, Gott, laß uns Gemeinschaft werden und sein, die durch Dein Blut und durch Deinen Leib gerufen und gestärkt wird.

Heilige Du unser Tun und Handeln, dass die Welt etwas spürt von Deiner Nähe, von Deiner Gemeinschaft mit uns, denn dein Friede, der höher ist denn alle Vernunft, er bewahre unsre Herzen und Sinne in Christo Jesu, Amen.