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Am Ersten Advent 2001 geht es in der Predigt um den Wunsch des Hebräerbriefes (10, 23-25), dass Christen nicht nur glauben, sondern auch ihrem Glauben taten folgen lassen. Pfarrer Ralf-Andreas Gmelin fragt danach, ob sich die Adventshoffnung an Spaß oder Ernst orientiert:


"Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken; denn er ist treu, der sie verheißen hat;und laßt uns aufeinander achthaben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das um so mehr, als ihr seht, daß sich der Tag naht."

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Herr, tu meine Lippen auf, daß mein Mund Deinen Ruhm verkündige.


Liebe Gottesdienstgemeinde


Heute ist erster Advent.

In vier Wochen Tagen feiern wir.

Egal was. Ganz spurlos geht der Heilige Abend an keinem von uns vorüber.

Manche sind fröhlich in der Familie zusammen und spüren die Wärme der Heiligen Nacht.

Manche möchten gern in fröhlicher Familie zusammensein, aber schaffen es nicht - inmitten ihrer Lieben.

Manche leben an diesem Abend in ihrer Vergangenheit und träumen von den Menschen, die längst nicht mehr da sind.

Manche treffen sich in der Kneipe, um von Heilig Abend so wenig wie möglich abzukriegen.

Manche fahren in Urlaub, um der Heiligen Nacht zu entfliehen.

Manche verzweifeln in der Heiligen Nacht, weil niemand sie aus ihrer Einsamkeit erlöst.

Manche treffen sich in der Kirche, weil sie eine Ahnung haben, daß Weihnachten ohne Jesus Christus ein sentimentaler Abgrund ist.


Auf welches Weihnachten warte ich?

Kann mich das Christkind noch erschüttern?

Dass alles neu wird. -

Dass die ganze Welt Kopf steht wegen eines kleinen Menschenkindes.-

Wer’s glaubt wird selig.

Wo ist sie denn besser geworden unsere Welt?

Wo ist es denn froher geworden, das Menschenleben durch die frohe Botschaft des Evangeliums?


„Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken;

denn er ist treu, der sie verheißen hat;

und lasst uns aufeinander achthaben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken

und nicht verlassen unsre Versammlungen,

wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das um so mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht."

(Spaß und Ernst:

Die Adventszeit hat zwei Gesichter:

Eine oberflächliches, das den Ernst dieser Zeit flieht und ein tiefgründiges, das mir Fragen stellt:


Wird es ernst in der Adventszeit; ernst mit dem Bekenntnis zur Hoffnung?

Ernst damit, dass ich eigentlich etwas Gutes tun wollte?


Oder verlasse ich klammheimlich die Versammlung:

Gehe ich, wenn ich plötzlich merke: Du bist gemeint!?

Fühle ich mich nicht mehr angesprochen, wenn mich die Botschaft erreicht: Dir ist dies Kind geboren: Nimm es hinein in Dein Leben!

Winde ich mich heraus, wenn es heißt: Jetzt ist Dein Advent: Warte auf Christus. Sei Du das Licht für andere - und steck nicht nur eine Kerze an!


Bringt die Adventszeit mehr als buntblinkenden Spaß und Umsatz? Bringt sie Verdrossenheit statt Begeisterung, Angst statt Gewissheit, Rausch statt Freude, Maßlosigkeit statt Menschenliebe.

Ist das die Erfolgsbilanz des Christentums, fast 2000 Jahre nach Weihnachten? Warte ich jetzt im Advent darauf, dass Christus in mir geboren wird, dass sich mein Herz in den Stall von Bethlehem verwandelt? Oder denke ich: Alles, nur das nicht!

Angelus Silesius, der mystische Dichter des 17. Jahrhunderts, wußte es schon, als er schrieb: Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren / Und nicht in dir, du bleibst noch ewiglich verloren.